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Workshop zum 75. Geburtstag des Grundgesetzes

In Kooperation mit der Initiative “Unter einem Zelt” in Frankfurt fand am Freitag, den 17. Mai 2024, ein digitaler Workshop anlässlich des Grundgesetzjubiläums statt:

Die Würde des Menschen ist unantastbar – eine Sufi-Perspektive

Den Vortrag und das Video zu diesem Workshop finden Sie hier:

Verschriftlichung des Vortrags:

Die Würde des Menschen ist unantastbar – eine Sufi-Perspektive

In diesem Jahr feiern wir 75 Jahre deutsches Grundgesetz und mit diesem Workshop möchten wir uns dem Artikel 1 „Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.” widmen und dies aus Sicht des Sufismus näher beleuchten.

Das Grundgesetz als Verfassung der Bundesrepublik Deutschland ist ein hohes Gut, was es zu schützen gilt, denn sie sichert uns Freiheit, Frieden und Demokratie. Nach Artikel 1 des deutschen Grundgesetzes ist die Würde des Menschen unantastbar und es gilt sie zu achten und zu schützen. Aber was bedeutet das eigentlich? 

Dieses Gesetz wird verletzt, wenn eine Person in einer Art und Weise behandelt wird, bei der ihre Menschenrechte verletzt werden. Wenn wir also von der Würde des Menschen sprechen, dann sprechen wir von dem Wert, der dem Menschen zugesprochen wird. Jeder Mensch hat diesen Wert, allein durch die Tatsache, dass er ein Mensch ist. 

Im Sufismus ist dieser Aspekt – der Wert des Menschen – von zentraler Bedeutung. Denn der Sufismus ist eine Methode der Selbsterkenntnis, und kann den Menschen dazu befähigen, seine wahren Potenziale zu erkennen und auszuschöpfen. Im Sufismus sagt man, dass jedem Individuum eine göttliche Essenz innewohnt, unabhängig von seiner Herkunft, seinem Geschlecht, seinem sozialen Hintergrund oder anderen Attributen. Zu diesem himmlischen bzw. göttlichen Aspekt des Menschen sagte vor mehr als 1400 Jahren Amir Al-Mo’menin, der erste Imam und Gefährte des Propheten Mohammad (Friede sei mit ihm): 

„Du glaubst, du seist ein Mikrokosmos, dabei trägst du den Makrokosmos in dir.”  

Der Sufi-Meister, Prof. Nader Angha, schreibt in seinem Buch ‘Sufismus und Friede: „Solange Menschen nur auf der irdischen Ebene ihrer Existenz miteinander umgehen, werden Begierde, Ungerechtigkeit, Feindschaft und Ungleichheit auch weiterhin vorherrschen. Die Anweisungen aller Propheten und besonders des Heiligen Propheten Mohammad (Friede sei mit ihm) sind dazu bestimmt, die Menschen anzuleiten, damit sie ihre Realität erkennen, in Ausgeglichenheit und Frieden leben und ihre Ewigkeit begreifen.” [1]

Ferner unterscheidet Prof. Angha zwischen den menschlichen Rechten, welche jene Regeln sind, die wir als Gesellschaften, Institutionen, Regierungen und Organisation nutzen, um die Lebensbedingungen aller Menschen zu verbessern und die gilt es zu schützen und zu bewahren. Die Menschenrechte hingegen gehen darüber hinaus, denn ihnen wird auch eine spirituelle Bedeutung zugesprochen. Sie sind Rechte, die jeder Mensch besitzt, um seine wahre Realität und somit seine eigene Würde, die menschliche Persönlichkeit – zu erkennen, welches mit dem göttlichen Aspekt des Menschen gleichzusetzen ist. [2]

Wenn der Mensch nun seinen eigenen Wert bzw. seine eigene Würde erkannt hat, kann er nicht anders als mit seinen Mitmenschen wertschätzend und friedvoll umzugehen, da er diesen Wert auch im anderen sieht. Demzufolge können dann Aggression, Ausbeutung, Hass und Neid gar nicht existieren. Und wenn der Mensch also wahrhaftig fähig ist, seine individuellen Rechte in seiner natürlichen Umgebung und seine wahre Beziehung zur allwissenden Existenz zu entdecken, dann erst wird er in der Lage sein, Menschenrechte zu respektieren, unabhängig von Bezeichnungen wie Religionen etc.; dann ist es egal, wo sich der Mensch befindet, denn diese Menschenrechte sind wahrhaftig universell.

Der Sufismus ist eine praxisorientierte Methode der Selbsterkenntnis, da sie sich nicht nur mit theoretischen Lehrsätzen beschäftigt, sondern durch Praktiken wie: Meditation und Konzentration, Fasten, Gebet usw. Werkzeuge bereitstellt, mit denen man eine innere spirituelle Forschung betreiben kann.  

Somit kann der Sufismus den Menschen dazu befähigen, sich mit seinem eigenen Ich auseinanderzusetzen, um sich dann auch für ein gesellschaftlich friedliches Miteinander einzusetzen. Wie wir alle wissen, kann man Frieden und Demokratie nicht von außen erzwingen, sie müssen von jedem Menschen ausgehen und aufrechterhalten werden.

So können die Lehren des Sufismus eine wertvolle Unterstützung sein für die bereits bestehenden Gesetze und insbesondere für das Verständnis des Artikel 1 des deutschen Grundgesetzes.


[1] Angha, Nader: Sufismus und Frieden (1997), S.29

[2] Vgl. ebd., S. 21-24

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